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Demolition

Demolition

Als "Demolition" (Zerstörung) bezeichnet man im allgemeinen die Vernichtung von Waffen und Munition durch Sprengung. Die Mines Advisory Group (MAG) hat Sebastian Kasack und mich zu einer Demolition in der Nähe von Luena eingeladen. Wir treffen uns um 8.30 auf dem Gelände von MAG, ganz in der Nähe des Flughafens. Da gibt es einen kleinen unterirdischen Bunker, den ich auch anschauen will. Mit der Videokamera filmend gehe ich die enge Treppe herunter, geradewegs auf eine Wand zu, an der ca. 100 Fliegergranaten gestapelt sind.

Ich gehe um die Ecke. Es ist dunkel und angenehm kühl. Eine Glühbirne hängt von der niedrigen Decke. Dann, hinter einer Tür, grüßt mich "Buon Dia!", Ronaldo, der technische Leiter von MAG. Er entfernt gerade TNT aus den Gehäusen rumänischer Anti-Personenminen (MAI-75). Neben ihm liegen schon einige Kilo freigelegter Sprengstoff. Man verwendet die Minen und das TNT, um die vielen splitterbildenden Blindgänger sicher zu zerstören. Auf eine Mine kommen ungefähr sechs Blindgänger oder UXO (unexploded Ordnance) wie Handgranaten, Raketen, jegliche Munition und selbstgebaute Sprengkörper.

Mehrere Männer in blauen Arbeitsanzügen befördern den Sprengstoff, die Minen und die Blindgänger nach oben und verstauen sie auf einem Pritschenwagen. Dessen Ladefläche ist mit Sand ausgestreut, um ein Verrutschen der Ladung zu verhindern. Die Männer tragen zu ihrer Sicherheit eine Kevlarweste und einen Helm mit Kunststoffvisier. Vorsichtig wird jeder Sprengkörper von Mann zu Mann aus dem Bunker nach oben gereicht. Insgesamt sind es 97 Stück. 38 Minen, darunter 19 Stück der PPM-2, von der es heißt, sie seien aus der ehemaligen DDR nach Angola exportiert worden. Eine eindrucksvolle Vorführung über den Umgang mit Gefahrengut.

TNT ist eine sehr reaktionsstabile Verbindung und man benötigt eine starke Initialzündung, um es zur Explosion zu bringen. Man kann es auf den Boden werfen, schmelzen und schneiden. Selbst anzünden lässt es sich gefahrlos. Doch dann könnte schon ein durch die Hitze der Verbrennung platzender Kiesel die Detonation des brennenden TNTs auslösen.

Nachdem dann alle Explosionskörper (ein Bruchteil von dem, was sich im Bunker befindet) sicher auf dem Wagen platziert, die Zündkabel, Sprengkapseln und ein kleiner Block Plastiksprengstoff in einem anderen Fahrzeug verstaut sind, machen wir uns auf den Weg. Die Autos verlassen Luena in langsamer Kolonnenfahrt über ausgefahrene Sandpisten. Wir passieren mehrere Kontrollposten, ohne angehalten und kontrolliert zu werden. Es regnet ein wenig und wir passieren die Spuren länger zurückliegender Kriegshandlungen: zerstörte Panzer und Lafetten im Gebüsch nahe der Straße.

Nach etwa 15 Kilometer halten wir an. Ganz in der Nähe, nur etwa hundert Meter entfernt im Busch, ist ein Loch gegraben worden. Den Pfad von der Straße dorthin hat man nach Minen abgesucht. In einer kleinen Prozession werden nun alle 97 Blindgänger dorthin gebracht. Die Raketen und Granaten kommen zuunterst in das Loch, dann die Anti-Fahrzeugminen und zuletzt die Anti-Personenminen. Mit der Sprengung der Minen wird ein derartig hoher Explosionsdruck erzeugt, dass sämtliche Fragmente der splitterbildenden Munition daran abprallen wie an einer Betonwand und in die Erde gepresst werden. So ist sichergestellt, dass niemand verletzt wird, der sich zufällig doch in der Nähe der Demolition befindet. Außerdem wird die Umgebung nicht mit Metallfragmenten kontaminiert, die eine spätere Minenräumung wesentlich zeitaufwendiger machen würden: Jeder Metallpartikel erzeugt ein Warnsignal bei Minensuchgerät.

Während das Loch gefüllt wird, fotografieren und filmen wir. Dann kommt der Sprengmeister mit den Sprengkapseln und dem Plastiksprengstoff. Jetzt müssen wir uns in Sicherheit begeben, ca. 800 Meter weg vom Loch. Wir warten bei den Autos, die ein wenig zurückgesetzt haben. Erst passiert nichts. Aber über Funk hören wir den Countdown. Die Explosion erschüttert den Boden gewaltig. Ich sehe, wie die Erde sicher 20 Meter in die Luft geschleudert wird und ein fetter dunkler Rauchpilz entsteht. Mehr als zwei Sekunden später erreicht uns der dumpfe Knall der Explosion. Wir gehen zurück, um zu sehen, was die Sprengung angerichtet hat. Nicht viel: einige Büsche in der Umgebung sind entlaubt und das Loch ist einem größeren Sandtrichter gewichen. Keine Metallsplitter in der Umgebung. Ronaldo und sein Team haben gute Arbeit geleistet.