One Step Beyond. Link zur Sprachwahl-Seite

Fahrradrennen

Fahrradrennen

In mehreren E-Mails schrieben uns Dr. Baseer, der Leiter von AABRAR (Afghan Amputee Bicyclists for Rehabilitation and Recreation) und sein Assistent Omara Khan, wir sollten unbedingt zum 30. Oktober in Jalalabad sein. Denn dann sei dort das große Fahrradrennen der Versehrten. Zu diesem Rennen würden 200 Teilnehmer aus ganz Afghanistan anreisen. Ja, es würden sogar afghanische Flüchtlinge aus Peshawar in Pakistan kommen.

Es gibt fünf Gruppen, die von vier Startpunkten zum gemeinsamen Ziel in Jalalabad fahren: Die Rollstuhlfahrer und die gehbehinderten Kinder fahren eine kürzere Distanz als diejenigen, die an beiden Beinen amputiert sind und die unter dem Knie Amputierten. Die längste Distanz beträgt 25 Kilometer. Leider bleiben die Männer an diesem Tag unter sich: Es gibt keine Fahrerinnen, bis dahin ist wohl noch ein weiter Weg.

Autos und Lastwagen stauen sich geduldig hinter den Fahrradkonvois zu teilweise kilometerlangen Schlangen und warten, bis das Startsignal gegeben worden ist. Dann aber fahren sie weiter in alter Manier, scheinbar ohne Rücksicht zu nehmen, wer sich sonst auf der Straße befindet.Sie radeln so schnell und behende und schlängeln sich zwischen den Autos hindurch, dass man den Eindruck hat, sie seien in keiner Weise beeinträchtigt. Und dann im Hintergrund eine Karawane. Und zerstörte Panzer am Straßenrand, die Ruinen der Dörfer.

Um den Sieger schließt sich um ihn eine Traube aus Zuschauern, sogar ein Kamerateam filmt. Er wird auf den Schultern getragen. Entspannt und gelassen erzählt in einem Interview, dass er keinerlei Zweifel an seinem Sieg hatte. Später wird er voller Stolz seinen ersten Preis präsentieren – ein Fahrrad.

Die Preisverleihung

Vorn ein Podium, auf dem die Preise aufgestellt sind: Fahrräder für die Sieger, Nähmaschinen für die Zweitplazierten und eine Plastikuhr für die Dritten. Erst ein kurzes Gebet, dann eine längere Rede des Ministers für Versehrte, gefolgt von weiteren Reden. Eine Preisverleihung wie überall in der Welt, mit Urkunde und Händelschütteln. Ehrengäste sind Vertreter der humanitären Organisationen, des Ministeriums für Versehrte und der Landesregierung.

Der Unterschied: die Fahrräder und Rollstühle sind nicht diese schnittigen, niedrigen Highspeed Modelle. Die Teilnehmer fahren gewagte Eigenkonstruktionen mit Lastwagenlenkrädern zur Steuerung. Oder mit Fahrradkurbeln, die sie mit den Armen antreiben. Low Tech-Improvisationen auf höchstem Niveau. Die Stimmung ist gut. Einige balancieren die Kalashnikow lässig zwischen den Füßen. Überall kleine Gruppen im Small Talk. Sonne bricht sich durch die Bäume.