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Shomali Plain

Shomali Plain

Shomali Plain ist eine Hochebene nördlich von Kabul. Sie ist etwa 80 km lang und 30 km breit. Diese Gegend war ein riesiges Schlachtfeld – fast in den gesamten 23 Jahren, die der Krieg in Afghanistan andauerte. Während der ansonsten relativ kampfarmen Diktatur der Taliban verlief hier die Front zum Gebiet des letzten Wiederständlers Ahmed Shah Massud. Das an sich fruchtbare und wasserreiche Tal war früher einmal der Garten Kabuls: Obst und Gemüse wurden angebaut und die Bewohner Kabuls kamen am Wochenende zum Picknick.

Heute ist hier nur noch Wüste. Die Zerstörung im ehemaligen Kampfgebiet ist nahezu vollständig. Kein Haus, kein Baum, kaum ein Strauch blieb geschont: Alles, was irgendwie als Deckung dienen konnte, wurde beseitigt. Über eine Strecke von rund 60 km ist ein zehn Meter breiter Streifen rechts und links der Straße lückenlos mit rot lackierten Steinen als Minengebiet gekennzeichnet. Steigt man aus dem Auto, braucht man sich nur zu bücken, um Patronenhülsen, Splitter oder manchmal auch einen gut erhaltenen Blindgänger einzusammeln.

Die Landschaft ist zerfurcht von Schützengräben, überall stehen Panzerwracks, zerschossene Autos, zerborstene Container, deren Wände nach außen gebeult sind, weil jemand eine Handgranate hineingeworfen hat. Die dreistündige Fahrt durch dieses ehemalige Paradies gehört zu den bedrückendsten Erinnerungen unserer Reise. Obwohl das Shomali Plain nach Auskunft des UN Mine Action Center zu den am schlimmsten von Minen und Blindgängern verseuchten Gebieten der ganzen Welt gehört, regt sich an einigen Stellen zaghaft wieder Leben: Menschen, die nirgendwo anders im zerstörten Afghanistan einen Platz gefunden haben; Menschen, die des ewigen Umherziehens müde sind; Menschen, die trotz dieser Risiken wieder in einem Zuhause leben wollen.

Zwei Jungen spielen am Straßenrand, im gekennzeichneten Minenstreifen. Sie zerren am Wrack eines von einer Anti-Fahrzeug Mine zerrissenen Militärfahrzeuges. Dr. Shah Wali, ein Mitarbeiter von OMAR, der uns begleitet, spricht sie an. Ob sie denn nicht wüssten, dass dies ein Minenfeld sei? Die Kinder bejahen dies. Aber es gebe hier nur Anti-Fahrzeug Minen, und die würden nicht explodieren, wenn man auf sie tritt. Außerdem sei das Auto schon von einer Mine zerstört worden, da könne ja nichts mehr passieren.